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finition Multi Level Marketing

Multi-Level-Marketing (Abk. MLM) bezeichnet ein Geschäftsmodell, bei dem die Mitarbeiter eines Unternehmens nicht nur Waren und Dienstleistungen nach außen verkaufen, sondern auch die Rekrutierung neuer Mitarbeiter anstreben, um über ein ständig expandierendes Netz engagierter Mitglieder die Produkte weiter vertreiben zu können. Weltweit haben sich milliardenschwere Konzerne etabliert, deren Vertrieb ausschließlich über diesen Grundsatz funktioniert, darunter Herbalife, Amway, Avon, Nu Skin oder Vorwerk. In der Regel findet man ihre Produkte in keinem gängigem Geschäft.

Multi Level Marketing ist aber immer wieder in die Kritik geraten, weil einige große MLM-Firmen ein regelrechtes Schneeballsystem etabliert haben, das in erster Linie die eigenen Mitarbeiter ausbeutet. Auf der anderen Seite berichten viele MLM-Mitarbeiter auch von den guten Seiten des MLM. Die Diskussionen über Sinn und Unsinn dieses Konzepts schlagen mitunter hohe Wellen, und es ist wichtig, innerhalb der MLM-Szene differenzieren zu können.

Der Traum von Selbstständigkeit

Zuweilen begegnet man ihnen, online als auch persönlich: Leute, die etwas vorschlagen oder gar offensiv bewerben, was es für gewöhnlich nicht im Einzelhandel zu erwerben gibt. Häufige Beispiele hierfür sind Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetikprodukte, Schmuck, Zubehör etc. Zuweilen werden aber spezielle Dienstleistungen angeboten, z.B. Vermögensberatung. Ist dies der Fall, kann man hier von Multi Level Marketing ausgehen. Dabei hat die betreffende Person ihre Ware von der MLM-Firma mit der Absicht gekauft, diese mit entsprechendem Gewinnaufschlag weiterzuverkaufen.

Ein wesentlicher Eckpfeiler der meisten MLM-Modelle ist das Konzept der selbstständigen, freiberuflichen Mitarbeit. Die meisten Leute, die bei MLM-Firmen mitarbeiten, sind nicht als abhängige Arbeitnehmer mit festem Gehalt unter Vertrag gestellt, sondern selbstständige Mitunternehmer. Sie können also frei entscheiden, wann sie arbeiten wollen, ob sie das in Voll- oder Teilzeit tun wollen, wo sie arbeiten, wen sie kontaktieren, und wie viel sie in Ware zum Weiterverkauf investieren wollen. Verglichen mit nichtselbständigen Arbeitsmodellen bietet MLM der Mitarbeiterschaft den klaren Vorteil, „sein eigener Chef“ zu sein.

Der Traum vom passiven Einkommen

Neben freier Arbeitszeiteinteilung wird allen Interessenten die Möglichkeit eines passiven Einkommens in Aussicht gestellt. Dies geschieht meist durch Provisionen, welche ein Mitarbeiter erhält, wenn eine andere Person, welche durch diesen Mitarbeiter für die Firma rekrutiert wurde, Umsatz gemacht hat. Dann steht dem übergeordneten Mitarbeiter ein gewisser Prozentsatz als Provision zu. MLM-Firmen bewerben diesen Aspekt mit teils bemerkenswerter Kreativität. So kann es bei einigen Unternehmen regelrechte Ranglisten oder „Levels“ geben, die sich danach richten, wie hoch der Umsatz oder die erhaltenen Provisionen jeweiliger Mitarbeiter sind, und wie viele Personen unter ihnen stehen. Ein Beispiel hierfür ist Kyäni, wo die Stufen der Mitarbeitenden nach Edelsteinen wie „Ruby“, „Diamond“, „Blue Diamond“ und mehr benannt werden.

Dies kann sich über mehrere Ebenen erstrecken: Eine Person an der Spitze rekrutiert 5 Personen. Diese 5 machen Umsatz und treten einen Teil davon als Provision an die Spitze ab. Gleichzeitig rekrutieren diese 5 jeweils nochmal 5, insgesamt 25 Neueinsteiger, welche die dritte Ebene des Vertriebs bilden. Von deren Umsatz bekommt die zweite Ebene Provision, aber je nach Ausgestaltung der allgemeinen Geschäftsbedingungen auch die erste. Ohne die Person an der Spitze wäre schließlich nichts davon ins Rollen gekommen. So kann es theoretisch immer weitergehen: Die 25 der dritten Ebene rekrutieren ihrerseits 125, welche wiederum 625 anwerben. Und je mehr Ebenen unter einer Person existieren, umso mehr Provision bekommt diese.

Charakteristisch für das Multi Level Marketing sind die Begriffe „Upline“ und „Downline“. „Upline“ bedeutet die bestimmte Anzahl an Personen, die in der Rekrutierungskette über einem steht und an den eigenen Umsätzen mitverdient, bis hoch zum Vorstand. Im Gegenzug bedeutet „Downline“ die Linie aller Mitarbeiter, die von einem selbst angeworben wurden oder die ihrerseits wiederum neue Rekruten beschafft haben. Aufgrund dieser Strukturen liegt es im Interesse eines jeden Mitarbeiters, vor allem die eigene „Downline“ möglichst weit auszubauen.

Seriös oder Schneeballsystem?

Kritisch muss ein solches Geschäftsmodell dann betrachtet werden, wenn die Verkäufe der Waren und Dienstleistungen von vornherein nicht lukrativ genug sind, und man nur noch mit der festen Absicht wirtschaftet, mehr Rekruten für Provisionen zu gewinnen. Deswegen spricht man hier von einem Schneeballsystem: Damit alles am Laufen bleibt, ist das System auf ständige Expansion angewiesen, es müssen immer mehr Personen gewonnen werden. Ein anderer Begriff lautet auch Pyramidensystem, weil eine immer breitere Masse an der Basis oft kaum über die Runden kommt, während allein eine kleine Minderheit, die sich oft in der Frühzeit des MLM-Unternehmens fertig etabliert hat, von diesem Geschäft leben kann. Wenn überhaupt.

Ein solches System zwingt die daran Beteiligten förmlich dazu, im eigenen Umfeld Werbung für die Produkte und später auch Werbung für das Unternehmen selbst zu machen. Im Zeitalter von Social Media halten die eigenen Facebook-, Twitter- und Instagram-Kanäle dann gerne als Werbeplattform her. Anders ausgedrückt wird jeder MLM-Mitarbeiter dann mehr oder weniger zu einem Influencer.

Problematisch am Schneeballsystem ist die Beschränkung des Marktes an potenziellen Mitarbeitern. Zieht man das obere Beispiel der fünffachen Potenzierung je Ebene heran, dass also jeder Mitarbeiter von sich aus 5 weitere Personen rekrutiert, so käme man nach spätestens 15 Ebenen auf eine Zahl, welche der Weltbevölkerung, also über siebeneinhalb Milliarden Menschen, entspricht. In der Praxis sieht es natürlich so aus, dass die Sättigung viel eher erreicht sein wird, weil die meisten Leute kein Interesse an einer Karriere als MLM-Mitarbeiter haben werden.
Fakt ist, dass es viele MLM-Firmen gibt, die aufgrund der Ausbeutung ihres Personals erfolgreich sind. Bei der Offenlegung der Verdienststatistiken wird regelmäßig offenbar, dass nur rund 1% aller Mitarbeitenden überhaupt die Kosten für den Wareneinsatz decken kann, und noch weniger überhaupt etwas am Ende des Monats übrig haben. Die Spitze der Firmen verdient am Verkauf der Waren an die untergeordneten Mitarbeitenden, welche allzu häufig auf dieser Ware sitzen bleiben. Keller und Garagen, die mit Lippenstiften, Proteinshakes oder Dessous zugestellt sind, markieren oft das Ende einer MLM-Karriere.

Kann Multi Level Marketing auch seriös sein?

Ja. Aber die Übergänge zwischen ernsthaften Geschäftsmodellen und ausbeuterischen Schneeballsystemen können fließend sein, und trotzdem trifft die Definition Multi Level Marketing auf alle in den Grundzügen zu. Deshalb muss man das Unternehmen ganz genau nach den typischen Fallstricken beleuchten. Dazu gehört:

Ist man gezwungen, bestimmte Chargen an Waren zum Weiterverkauf zu erwerben oder hat man hinsichtlich der Menge ein Selbstbestimmungsrecht? Haben einige Waren ein Verfallsdatum, was dazu zwingt, möglichst schnell weiterzuverkaufen? Und kann man unverkaufte Waren im Falle eines Ausscheidens zurück verkaufen?

Erfolgt der Wareneinkauf direkt vom Unternehmen zum Mitarbeiter, ohne zwischengeschaltete Ebene?

Gibt es regelmäßige Schulungen der Mitarbeiterschaft? Und sind diese kostengünstig?

Sind Erst- und Vorführprodukte preisreduziert?

Wird überhaupt mit absatzfähigen Produkten geworben?

Was wird eher entlohnt? Der eigene Umsatz und damit die eigene Leistung, oder das Anwerben neuer Vertriebsmitarbeiter?

Und nicht zuletzt: Wird man ohne euphorische Versprechen realistisch über die Chancen und Risiken der Arbeit in dem jeweiligen MLM-Unternehmen aufgeklärt?

Neben all diesen Fragezeichen hängt der persönliche Erfolg beim MLM am Ende auch von ganz persönlichen Eigenschaften ab. Das Bewerben und Verkaufen von ganz speziellen Produkten und Dienstleistungen erfordert einen gekonnten Umgang mit Menschen. Die Fähigkeit, auf andere zugehen zu können, muss vorhanden sein.

Motivation spielt ebenfalls eine große Rolle. Wie bei allen selbstständigen Tätigkeiten kann man nicht auf regelmäßiges Gehalt und Sozialbeiträge hoffen, sondern muss sich durch beständige Arbeit selbst absichern. Spaß an dieser Tätigkeit stellt deswegen sicher kein Hindernis dar.

Ebenfalls dringend empfehlenswert: eine Qualifikation, oder zumindest die Bereitschaft, sie sich anzueignen. MLM-Firmen sind für berufliche Quereinsteiger offen, was bei einem seriösen Unternehmen aber erstmal eine lange Coaching-Phase bedeutet, in der noch keine großen Umsätze erzielt werden können.

Interessierte sollten bei Unsicherheit immer erst versuchen, das Geschäft mit Multi Level Marketing im Nebenverdienst auszuüben. Auf diese Weise wird nicht gleich alles auf eine Karte gesetzt, und man vermeidet die Gefahr, sich am Ende von einem System abhängig gemacht zu haben, das nur durch aggressive Anwerbung neuer Mitarbeiter lauffähig bleibt.